Gespräche

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DER ERSTE MENSCH, DER MUSIK MACHT

Ob sich aus jeder Lüge ein eigenes Universum schält, in dem diese Lüge dann wahr ist, und ob ich Alexander Winkelmann nun wegen des rauhen Berliner Oktoberwindes, einer kaum mehr nachzuvollziehbaren Kette verschiedener Ereignisse – oder doch nur einfach so – auf einem Konzert des schottischen Performancekünstlers Momus kennengelernt habe, kann ich an dieser Stelle leider nicht weiter ausführen. Ich sollte lieber gleich auf den Punkt kommen. Auf den ersten Treffen fiel mir an dem jungen Berliner die fast schon übertriebene Höflichkeit auf, aber noch erstaunter war ich seltsamerweise darüber, dass er darauf zu bestehen schien, bei seinem vollen Namen, Alexander, gerufen zu werden. Die extreme Höflichkeit stellt sich bald als natürlicher Wesenszug, als absolut unaufgesetzt heraus, und man kann sich nur darüber wundern, wieso diese ausgesprochene Höflichkeit, die ja so vollkommen natürlich ist, nicht von allen Menschen in dieser Weise gepflegt wird. Man wusste bald, dass es auch okay war, ihn einfach „Alex“, gerne auch „Ali“ zu rufen, bloß „Winkelmann“ habe ich bisher noch niemanden sagen hören. Obwohl er selbst sehr gerne seinen Familiennamen benutzt, er hat aus diesem ein Symbol gemacht, das aussieht wie eine menschliche Triangel.

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Gespräche

Leute, vergesst GRIMES, hier kommt DAN BODAN! Der kanadische Musiker hat alles, was man braucht, um es im Popgeschäft weit zu bringen: Stil, Charme und eine großartige Stimme. Von seinen umwerfenden Liedern ganz zu schweigen: Sein Song „Aaron“ zählt definitiv zu den besten Stücken 2012. Das New Yorker Label DFA scheint von den Qualitäten des in Berlin lebenden Sängers ebenfalls überzeugt zu sein, veröffentlichte es doch Ende 2012 die Tracks „Aaron“ und „DP“ auf Vinyl. Und da DAN BODAN wie kein zweiter ein Kind des Internets ist, führten wir unser Interview per Mail. Dort verriet er, dass er sich gern mal von GRIMES stylen lassen würde und eine Vorliebe für STERNBURG-Bier hat. Doch lest selbst, was uns twink_kid92 auf unsere Fragen schrieb.

DAN, deine Songs „Aaron“ und „DP“ sind vor Kurzem auf dem New-Yorker Label DFA-RECORDS erschienen. Wie ist man dort auf dich aufmerksam geworden?

DAN: Die Leute von DFA kennen mich schon seit zehn Jahren. Damals wollten sie einen Remix veröffentlichen, den ich für meinen Freund SANDRO PERRI gemacht habe. Leider ist da nie etwas draus geworden. Dafür sind wir in Kontakt geblieben. 2012 hat DFA sein Versprechen dann endlich wahr gemacht.

Bist du ein Fan von LCD SOUNDSYSTEM? JAMES MURPHY ist ja einer der Gründer von DFA.

Auf jeden Fall! Während meiner College-Zeit durften MURPHYS Songs auf keiner guten Party fehlen.

Von wem handelt dein Song „Aaron“?

AARON gibt es nicht wirklich. Er ist eine fiktive Figur, die von meinen Freunden und mir inspiriert ist. Im Grunde könnte AARON jeder sein, der 27 Jahre alt ist und noch immer keinen richtigen Job hat.

Woher kommst du?

Geboren wurde ich in der Prärie Kanadas, in Alberta. Aufgewachsen bin ich aber in Nova Scotia und Montreal.

Warum bist du nach Berlin gekommen?

Ich brauchte einfach etwas Neues. Vor Berlin habe ich in Prag Kunst studiert. Da ich keine Lust mehr auf mein Studium hatte, packte ich meine Sachen und nahm den nächsten Zug nach Deutschland. Mein erstes Zimmer war eine Abstellkammer. Angeboten hatte es mir ein Typ, den ich kurz nach meiner Ankunft in Berlin in der U-Bahn kennengelernt hatte. Eine Woche lebte ich dort.

Wo wohnst du jetzt?

In Kreuzberg.

Magst du dein Viertel?

Ich liebe es sogar! Ich verbringe viel Zeit am Kotti und gehe oft spazieren. Vorher bin ich immer mit dem Fahrrad gefahren, bis es mir vor Kurzem geklaut wurde.

Was sind deine Lieblingsorte?

Ich mochte das TIMES, als es noch geöffnet hatte. Zur Zeit hänge ich oft im KATER HOLZIG, in der ROTEN ROSE, im KUMPELNEST und im SÜDBLOCK ab. Im SÜDBLOCK gibt es die besten Pastrami-Sandwiches der Stadt.

Gehst du oft feiern?

Und ob. Wahrscheinlich sogar etwas zu viel – meine Knöchel sind ziemlich im Arsch.

Im Video zu „Aaron“ sieht man dich mehrfach mit einer Flasche Bier in der Hand. Trinkst du gern Bier?

Yeah! Am liebsten STERNBURG. Oder AUGUSTINER.

Denkst du, dass Berlin ein guter Ort für Musik ist?

Das kommt ganz drauf an. Wenn es um Livemusik geht, ist die Stadt absolut schrecklich. Es gibt kaum vernünftige Läden und eine sehr kleine Szene. Die Zeiten scheinen sich jedoch zu ändern. Zumindest kommen inzwischen mehr Bands vorbei, wenn sie auf Tour sind.

Seit wann machst du Musik?

Seit ich 13 oder 14 Jahre alt bin. Eigentlich wollte ich immer Comiczeichner werden, doch mit der Pubertät kam alles anders.

Wie lange gibt es DAN BODAN?

Seit ich in Berlin wohne. In Montreal habe ich ebenfalls Musik gemacht, die war aber um einiges lauter. Mein Projekt damals hieß NOOT. Nach meinem Umzug nach Berlin habe ich mich zuerst auf die Kunst konzentriert. Inzwischen schreibe ich wieder Songs. Diesmal aber unter anderem Namen, weil sich mein Sound so verändert hat.

Was sind deine musikalischen Einflüsse?

Meine Freunde und die Musik, die sie mir zeigen. Ich versuche das aber nicht allzu sehr zu analysieren.

Wie würdest du deine Musik beschreiben?

Das kommt ganz auf den Track an. Aber für gewöhnlich versuche ich Musik zu machen, die nach Weltraum klingt, oder wie eine temporäre autonome Zone. Alles ist verrückt und ruhig zugleich. Dennoch funktioniert es. Aber nur, bis der Song zu Ende ist.

Was wäre ein guter Moment, um deine Musik zu hören?

Definitiv, wenn du nach einer halben Flasche Rotwein in emotional aufgewühlter Stimmung vor dem Laptop sitzt, deinen Facebook- und Twitter-Status checkst und dich von den Schlagzeilen des CNN News Feed berieseln lässt.

Wer war der erste Star, in den du verknallt gewesen bist?

JONATHAN TAYLOR THOMAS! lol

Wie findest du GRIMES?

Einfach toll. Vor allem wegen ihres Modestils und der K-Pop-Zitate. Außerdem ist sie eine großartige Produzentin, die mehr draufhat als die meisten Typen in ihrem Genre. Vielleicht produziert sie ja eines Tages einen meiner Tracks oder gibt mir ein paar Styling-Tipps. Das wäre echt cool.

Bist du ein Mode-Fan?

Je nachdem. Ich mag Style und Klamotten. Was ich allerdings nicht ausstehen kann, sind all die komischen Leute, die sich im Modebusiness tummeln.

Gibt es einen Designer, den du besonders magst?

Meine beste Freundin ARIELLE DE PINTO macht tollen Schmuck, NHU DUOUNG finde ich ebenfalls großartig. Ansonsten stehe ich eher auf Sportswear als auf Ready to Wear. Meine Lieblingsmarken sind NIKE, UNDER ARMOUR und STONE ISLAND.

Spielst du gern live?

Auf jeden Fall. Singen hat für mich eine therapeutische Funktion. Was mich allerdings runterzieht, ist, in einer Venue mit schlechter Anlage zu spielen oder mit einem Tontechniker zusammen zu arbeiten, der mich nicht mag.

Ich habe gelesen, dass du oft in Galerien und an anderen untypischen Orten auftrittst?

Das liegt an meinen Kontakten. Ich bin eher in der Kunstwelt zuhause.

Gibt es einen Grund dafür, warum du bei Konzerten ohne Band auf der Bühne stehst?

Ich trete ja nicht immer solo auf. Bei meinen letzten Shows hatte ich immer einen DJ dabei. Ich arbeite auch gern mit anderen Musikern zusammen, dann allerdings nicht in einem klassischen Bandkontext. Ich bevorzuge es, über die Ferne mit ihnen zu kollaborieren, ihnen etwas zu schicken, an dem ich gearbeitet habe, zu sehen, was sie daraus machen, und dann solange daran zu feilen, bis wir es beide gut finden.

Hat die Entscheidung zu einem Solo-Projekt auch finanzielle Gründe?

Es ist sicherlich lukrativer, mit weniger Leuten zu spielen. Viel wichtiger finde ich aber den Nervenkitzel. Wenn du versagst, gibt es keinen, der dir helfen kann.

Würdest du es dennoch vorziehen, eine Band auf der Bühne zu haben als einen Computer?

Ich bin mit der derzeitigen Zweierkonstellation zufrieden. Es ist toll, einen Hype-Man zu haben, der mich unterstützt. Ich kann mich auf meine Performance konzentrieren, während er sich um die Musik kümmert.

Wann erscheint dein erstes Album?

Hoffentlich bis Mitte 2013. Die Hälfte der Songs sind bereits geschrieben, jetzt spreche ich mit verschiedenen Produzenten. Ich habe genaue Vorstellungen davon, wie die Platte am Ende klingen soll.

Wirst du das Album auf deinem eigenen Label MANGROVE veröffentlichen?

Das weiß ich noch nicht. Ich habe keine Verträge mit anderen Labels, daher könnte ich diesen Weg gehen. Vorausgesetzt, es ergibt Sinn.

Warum hast du dein eigenes Label gegründet?

Ich wollte eine eigene Plattform haben, auf der ich meine Musik veröffentlichen kann. Einmal damit angefangen, habe ich gemerkt, dass es mir genauso viel Spaß macht, die Musik anderer Leute rauszubringen. Leider sind die Geschäfte bisher nicht so gut gelaufen, weshalb ich gerade kein Geld habe, um weitere Projekte zu realisieren.

Hast du all deine Songs ebenfalls selbst aufgenommen?

Die ersten Sachen schon. Sie wurden aber von meinem Freund ANTTI UUSIMAKI abgemischt. Die darauffolgende Single habe ich mit M.E.S.H produziert, was eine tolle Erfahrung gewesen ist.

Welche Bedeutung hat das Internet für deine Arbeit? Du scheinst dich dort sehr wohl zu fühlen.

Im Netz zu surfen gehört für mich zum Alltag. Es ist die normalste Sache der Welt.

Ist das Internet nützlich für Musiker?

Auf jeden Fall. Es kann ihnen aber auch schaden. Am Ende muss das jeder mit sich selbst ausmachen.

Heißt du wirklich DAN BODAN?

Nein! Mein richtiger Name ist twink_kid92!

Links: tumblr / DFA / MANGROVE

(Fotos: TONJE THILESEN)

 

Gespräche

2012 war ein gutes Jahr für NADINE AND THE PRUSSIANS. Gemeinsam mit DIE-TÜREN-Bassist RAMIN BIJAN und WHITEST-BOY-ALIVE-Produzent NORMAN NITZSCHE spielten sie ihre erste EP ein, CHRISTIANE RÖSINGER ließ sie in ihrer sagenumwobenen FLITTCHENBAR auftreten und auch in den Medien hat das Popduo einige Beachtung gefunden. Sie alle haben Recht. NADINE FINSTERBUSCH und BRUNO BAUCH haben ein paar großartige Popsongs geschrieben, die eine unwiderstehliche Leichtigkeit versprühen. Eine tolle Liveband sind die beiden MusikerInnen aus Berlin und Dortmund obendrein. Ausruhen wollen sich NADINE und BRUNO auf diesen ersten Erfolgen allerdings nicht und haben für 2013 bereits weitere Pläne geschmiedet: Die EP soll veröffentlicht, die Band erweitert und die erste große Tour in Angriff genommen werden. Im Interview mit CARTOUCHE sprach das Duo über sein Erfolgsjahr, seine Gründungsgeschichte und seine Zukunft.

NADINE, BRUNO, ihr beide kommt ursprünglich aus Dortmund. Wie seid ihr mit Musik in Berührung gekommen?

NADINE: Das ist schwer einzugrenzen. Prägend war sicherlich, dass ich im Kinderchor gesungen habe. Dort habe ich neben Kinderliedern eine Menge Popsongs kennen gelernt, BEATLES, TAKE THAT und so Sachen. Das Fernsehen spielte aber auch eine wichtige Rolle. Ich habe viel MTV und VIVA II geguckt. Eines Tages sah ich dort einen Auftritt von BJÖRK. Ich war überwältigt und beschloss, genauso zu werden wie sie.

BRUNO: Bei mir lief das hauptsächlich über die Familie. Meine Eltern hatten eine große Plattensammlung, mein Bruder ist Musiker.

Und wie habt ihr euch kennen gelernt?

NADINE: Während einer Klassenfahrt nach Norderney. BRUNO und ich gingen damals in dieselbe Klasse. Während die anderen in einer norddeutschen Dorfdisko tanzen waren, blieben wir in der Herberge und spielten Musik. An dem Abend schrieben wir auch unseren ersten Song »Jacket with my Pocket«. Das war 1996. BRUNO war 15 und ich 16 Jahre alt.

BRUNO: Danach haben wir eifrig weiter gemacht. NADINE kam nach der Schule oft mit zu mir. Ganze Nachmittage haben wir in meinem Zimmer gesessen und Songs geschrieben. Unsere erste Band nannten wir THE POSH KIDS. Wenig später gründeten wir mit ein paar Freunden LORKA, mieteten einen Proberaum, nahmen ein Album bei einem kleinen Label auf und spielten eine ganze Reihe Konzerte in Nordrhein-Westfalen.

Gibt es in Dortmund so etwas wie eine Musikszene?

BRUNO: Zumindest haben viele Leute eine Band, das sind allerdings eher so Profi-Mucker, die Jazz spielen oder Metal. Ein paar gute Konzerträume hat die Stadt auch zu bieten.

NADINE: Wir haben aber nirgendwo richtig reingepasst mit unserer Musik, deshalb waren wir auch nie Teil einer Szene.

Ihr macht schon so lange Musik zusammen. Wird das nicht irgendwann langweilig?

BRUNO: Ganz im Gegenteil. Nach all der Zeit verstehen wir uns fast blind. Es ist schon ein bisschen unheimlich, dass wir von der Ästhetik her immer in dieselbe Richung gehen.

Wann habt ihr THE PRUSSIANS gegründet?

NADINE: Das war 2007, kurz vor meinem Umzug nach Berlin. Ich sollte ein Konzert spielen, hatte aber keine Band mehr, weil LORKA zu der Zeit schon lange nicht mehr existierte. Allein auftreten wollte ich aber auch nicht. Ich suchte also nach Mitmusikern. Wenig später saß ich bei BRUNO in der Küche und schrieb mit ihm an neuen Songs. Es war direkt wieder wie früher.

Euch gibt es also schon seit fünf Jahren!?

BRUNO: Genau. Mein Job und die große Distanz zwischen Berlin und Dortmund haben verhindert, dass ich mehr Zeit und Energie in die Band investieren konnte. Deshalb hatte das Projekt eine lange Anlaufphase.

NADINE: Wir haben am Anfang viel mit der Besetzung herumexperimentiert. Mal waren wir mehr, mal weniger. Eine Zeit lang bin ich sogar ganz allein aufgetreten.

Wann kam die Wende?

BRUNO: Ende 2011, als ich merkte, dass mir die Musik sehr wichtig ist. Ich habe meinen Job gekündigt und bin jetzt viel öfter in Berlin. Ganz nach Berlin ziehen kann ich aber nicht. Ich bin Grafikdesigner, die Konkurrenz hier ist einfach zu groß.

NADINE: BRUNO musste geahnt haben, dass sich bald tolle Gelegenheiten für uns ergeben sollten.

Was für Gelegenheiten waren das?

NADINE: Wir haben unsere erste EP aufgenommen. Mit RAMIN BIJAN von den TÜREN.

Wie ist diese Zusammenarbeit zustande gekommen?

NADINE: Ich arbeite in einer Kantine in Kreuzberg, an die Kreativ- Büros, Ateliers, Proberäume und Tonstudios angeschlossen sind. Die Leute, die dort arbeiten, essen regelmäßig bei uns. RAMIN ist einer von ihnen. Irgendwann kamen wir dann ins Gespräch. Und als ich für einen Freund einen Song zu einem Festival in Graz beisteuern sollte, fragte ich RAMIN, ob er mir helfen wolle. Er stimmte zu und die Arbeit lief so gut, dass ich ihn bat, unser Demo abzumischen. Er hörte sich die Songs an und fand sie so gut, dass er vorschlug, sie noch einmal mit einer Band neu aufzunehmen. Das war Ende November 2011. Im Februar 2012 sind wir dann ins Studio gegangen.

Wer war noch alles an den Aufnahmen beteiligt?

NADINE: SEBASTIAN von JA PANIK, LEO AURI von THE SAY HIGHS und NORMAN NITZSCHE. Was SEBASTIAN für uns am Schlagzeug gespielt hat, war großartig. Eine Freundin hat uns einander vorgestellt. LEO hat die Pianos und Keyboards eingespielt. NORMAN schaute am ersten Tag der Sessions vorbei, weil er mal in unsere Musik reinhören wollte. Am nächsten Tag kam er wieder und blieb dann bis zum Schluss. Alle Beteiligten haben lauter tolle Ideen beigetragen, es war eine super Zusammenarbeit.

BRUNO: Insgesamt haben wir sechs Songs mit Band aufgenommen und drei Songs zu zweit. Nach circa einem Monat waren wir fertig.

Und wie geht es jetzt weiter?

BRUNO: Wir wollen unsere Band erweitern. Nicht mehr nur zu zweit auftreten wie bisher, sondern mit mehr Leuten. Auch wenn das mit den Loops sehr viel Spaß macht und wir als Duo super funktionieren.

NADINE: Die aufgenommen Songs auf CD oder Vinyl zu veröffentlichen wäre ebenfalls toll. Ein Video haben wir ja schon. Auf Tour zu gehen ist ein weiteres großes Ziel!

Ihr wollt also Ernst machen.

BRUNO: Richtig. Wir sind gerade unglaublich produktiv, haben viele Songideen. Vielleicht war diese Ruhephase am Anfang des Projekts doch ganz gut. So konnten wir unsere Energie sammeln.

NADINE: Seit diesem Glück mit den Aufnahmen passieren immer mehr tolle Sachen. Wir haben das Gefühl, dass wir jetzt etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen. Auch in Wien haben wir im letzten Jahr gespielt, einer der Höhepunkte 2012.

Wie würdet ihr eure Musik beschreiben?

NADINE: Ich sage immer, wir machen Popmusik.

BRUNO: Wir sind heute wesentlich eingängiger als früher. Nicht mehr so vertrackt.

Was sind eure Einflüsse?

NADINE: BEACH HOUSE und BJÖRK zum Beispiel. BEACH HOUSE haben uns bestärkt, unser Ding weiter zu machen, schließlich sind sie auch ein Duo. Ihre Songs haben eine tolle Stimmung. Bei BJÖRK hat mich ihre Art, an Gesangsmelodien heranzugehen, sehr beeinflusst. Obwohl unsere Melodien eingängiger sind.

NADINE, wenn du nicht Musik machst, liest du aus deinen alten Tagebüchern vor, wie bist du auf diese Idee gekommen?

NADINE: Ich habe meine Tagebücher bei einem Umzug gefunden. An die meisten Sachen konnte ich mich gar nicht mehr erinnern, fand es aber lustig, mich wieder damit auseinander zu setzen. Eigentlich wollte ich es dann nur meinen Freunden vorlesen. Letzten Endes wurde aber doch eine größere Sache draus. Unter anderem habe ich zweimal beim 100°-FESTIVAL im HAU gelesen, in Basel, Wien, Dortmund, Hamburg und Würzburg. In der Schweiz gab es sogar einen kurzen Fehrnsehbericht über die Lesung. Wow!

Du warst also nicht peinlich berührt von deinem früheren Ich?

NADINE: Nein, ich lache eher darüber.

BRUNO: Es ist echt schade, dass das Tagebuch genau dann endet, wenn wir uns kennenlernen.

Gibt es eine Anekdote, die du besonders magst?

NADINE: Meine Lieblingsstelle ist die, in der ich ein Drehbuch für einen Film verfasse mit dem Titel: „You are my Babe“. Die Hauptrolle spielen ich und MARK OWEN von TAKE THAT, in den ich damals verliebt war. Die Handlung ist unabsichtlich abgekupfert von Bodyguard, vor allem die Szene, in der ich wie WHITNEY HOUSTON am Ende in den Jet einsteige und zurück renne und MARK mir daraufhin sagt, dass er mich liebt. Am Ende heiraten wir bei den MTV EUROPEAN MUSIC AWARDS und kriegen Zwillinge. Wir gehen gemeinsam auf Tour, ich bringe meine Soloplatten raus und spiele als Vorgruppe von TAKE THAT. Das ist so gut, das müsste man verfilmen.

Ihr beiden seid inzwischen ja auch schon älter als dreißig. Kann man zu alt werden für Popmusik?

NADINE: Ich fühle mich nicht wirklich alt, mir wird auch immer gesagt, ich sähe aus wie 26!

BRUNO: Ich glaube, das ist eher umgekehrt. Schau dir SONIC YOUTH an. Obwohl die über 50 sind, ist ihre Popularität ungebrochen.

NADINE: Genau. Ich würde noch immer alles dafür geben, einmal mit THURSTON MOORE ausgehen zu können.

Mit 30 hört das Leben also nicht auf?

BRUNO: Auf keinen Fall. Ich kenne mehrere Leute in meinem Alter, die gerade ihre Jobs gekündigt und sich selbstständig gemacht haben.

NADINE: In Berlin ist das ja auch eigentlich kein Thema. Wie heißt es in diesem Schlager so schön: „Das Alter ist nur eine Zahl“.

Links: Homepage / Tagebuch NADINE

Fotos: MATTHIAS HEIDERICH

Gespräche

SEBASTIAN COWAN hat eine simple Lebensphilosophie: „Stehe früh auf und nutze den Tag”. Sein Erfolg gibt ihm Recht. Gerade mal 25 Jahre alt ist der gelernte Toningenieur aus Vancouver Chef seines eigenen Labels ARBUTUS RECORDS und Manager von Kritikerliebling GRIMES. Davor war er Betreiber einer der wichtigsten Live-Venues in Montreal, dem LAB SYNTHÈSE, das er im Alter von 21 Jahren mit ein paar Freunden eröffnete. Im SKYPE-Gespräch mit CARTOUCHE sprach SEBASTIAN über den Konzertraum, sein Label ARBUTUS RECORDS und die Musikszene Montreals. Auch verriet er, warum er so gerne früh aufsteht.

Guten Morgen SEBASTIAN, wie geht es dir?

SEBASTIAN: Ganz gut soweit. Ich habe schon einiges erledigt heute, ich war bei der Bank und auf der Post und habe gerade ein zweites Mal gefrühstückt. Jetzt sitze ich an meinem Schreibtisch im Büro von ARBUTUS RECORDS.

Du stehst also gerne früh auf? 

Richtig, gewöhnlich schon um sieben! Ich liebe den Morgen, ich kann dann besser arbeiten. Abends gehe ich zeitig ins Bett.

Das klingt sehr vernünftig für jemanden der 25 Jahre alt ist. In Berlin ist man in diesem Alter einen ganz anderen Rhythmus gewöhnt, hier beginnt der Tag in der Regel etwas später.

In Montreal ist das nicht anders. Die meisten meiner Freunde gehen spät ins Bett und schlafen dann aus. Das ist einfach nicht mein Ding. Ich nutze lieber den Tag.

Mit Erfolg. Du warst Betreiber einer erfolgreichen Musikvenue und hast jetzt dein eigenes Label. Wann wurde deine Leidenschaft für Musik geweckt?

In der Highschool. Einige meiner Freunde waren richtige Musiknerds und steckten mich mit ihrer Begeisterung an. Ich hörte alles, was ich kriegen konnte. Kurz darauf fing ich an, in mehreren Bands Schlagzeug zu spielen. Als ich dann später in London studierte, machte ich elektronische Musik. Die Alben, die WARP RECORDS in den 90ern herausgebracht hat, hörte ich damals rauf und runter.

Wie kamst du auf die Idee, eine eigene Venue in Montreal aufzumachen?

Nach meinem Studienabschluss in London wollte ich mein eigenes Ding durchziehen. Die Idee für die Venue stand bei mir uns meinen Freunden schon länger im Raum. Die Frage war nur wo. Wir haben uns für Montreal entschieden, weil die Stadt der perfekte Ort für Kunst und Musik ist. Das Leben hier ist so billig, dass du auch ohne Job gut über die Runden kommst. Acht Monate nachdem wir das LAB SYNTHÈSE aufgemacht hatten, beging einer von uns, mein bester Freund DAVID, Selbstmord. Das war ein großer Wendepunkt in meinem Leben. Ich verließ Montreal und ging zurück nach Vancouver. Die anderen beiden taten es mir gleich.

Und was wurde aus dem LAB SYNTHÈSE?

Das hatte ich eigentlich schon abgehakt. Ich wollte nicht mehr zurück nach Montreal. Doch dann rief mich eines Tages mein Bruder ALEX an und sagte mir, dass in dem Projekt noch eine Menge leben stecke. ALEX war kurz zuvor in das Lagerhaus gezogen, in dem sich die Venue befand und in dem damals alle wohnten. Seine Worte hatten mich überzeugt. Ich sagte mir, es ist besser etwas zu tun, als nur rumzuhängen. Nach meiner Rückkehr hatte ich den Plan aus dem LAB SYNTHÈSE ein großes Gemeinschaftsprojekt zu machen. Auf jedem Konzert sollte mindestens ein Freund von mir spielen. In dem Zeitraum wuchs mein Freundeskreis rasant.

Warum hat du ARBUTUS RECORDS gegründet?

Bei LAB SYNTHÈSE ging es nach DAVIDS Tod darum, Freunden zu helfen und ihnen eine Plattform zu bieten. Da ich sie auch außerhalb des LAB SYNTHÈSE unterstützen wollte, beschloss ich ein Label aufzumachen. Mit der Zeit wurde das Label immer wichtiger für mich, weswegen ich mich dazu entschied, die Venue dicht zu machen. Diese Entscheidung war wie so viele andere zuvor rein intuitiv. Ich denke über solche Dinge nicht lange nach, es passiert einfach.

Wie laufen die Geschäfte bei ARBUTUS RECORDS?

Ich kann mich nicht beklagen, wir wachsen stetig! Zwar wirft das Label noch kein Geld ab, aber ich bin sicher, das ist nur eine Frage der Zeit.

Wovon lebst du dann im Moment?

Ich verdiene mein Geld als Tontechniker in Clubs. Aber ich glaube, ich werde das bald sein lassen. Auch wenn es nicht sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, ist es sehr anstrengend, zusätzlich zu meinem Job bei ARBUTUS RECORDS die ganze Nacht zu arbeiten. Ich brauche Zeit, um mich auszuruhen.

Ich finde es sehr mutig gerade jetzt ein Label zu gründen. Schließlich stecken Musiklabels seit Anbruch der digitalen Revolution in ihrer größten Krise.

Labels haben in der Tat an Bedeutung verloren, weil man sich heute um vieles selbst kümmern kann. Man kann seine Alben zuhause am Computer aufnehmen und anschließend über das Internet vertreiben. Einen PR-Agenten und einen Booker anzuheuern stellt ebenfalls kein großes Problem dar. Das war vorher viel schwieriger. Dennoch können Labels sehr nützlich sein, besonders für kleinere Bands sind sie noch immer eine gute Option.

Inwiefern?

Labels haben in der Regel gute Beziehungen, weil sie schon lange im Business sind. Versuch mal als unbekannter Künstler einen Vertrag mit einem Vertrieb zu den selben Konditionen auszuhandeln, wie WARNER BROTHERS RECORDS sie bekommt – das ist unmöglich!

Dennoch scheinen die Tage klassischer Labels gezählt zu sein. Was macht ihr besser?

Wir verlegen nicht nur Musik, sondern kümmern uns auch ums Management. Das hat klare Vorteile: Da du dem einzelnen Künstler auf allen Ebenen zur Seite stehst, entwickelt sich eine viel engere Beziehung. Dadurch weißt du immer, was der jeweilige Künstler braucht.

Anders als andere Labels verkauft ihre eure Musik nicht nur, sondern bietet an, sie gegen eine Spende oder kostenlos herunterzuladen. Warum?

Das ist einfach: Was einem Künstler am Anfang seiner Karriere am meisten hilft, ist, dass so viele Menschen wie möglich seine Musik hören. Wenn du deine Musik verschenkst, erreichst du selbst diejenigen, die sich gar nicht für die Musik interessieren. Mit dem Debütalbum Geidi Primes von GRIMES sind wir so verfahren und hatten damit großem Erfolg.

Und wie läuft es mit den Spenden?

Auch sehr gut. Jeden Tag spenden im Schnitt zwanzig Leute Geld. Zwar verdienen wir damit nicht so viel wie durch Verkäufe, dennoch sind die Spenden eine gute zusätzliche Einnahmequelle.

Wäre das also ein Modell für die Zukunft?

Die Zukunft liegt eindeutig im Streaming, da Hörer und Künstler davon gleichermaßen profitieren. Die einen können sich Musik kostenlos anhören, die anderen bekommen für jeden gehörten Song einen festen Betrag ausgezahlt.

Seit neuestem kann man einem Sampler mit verschiedenen Bands aus Montreal kostenlos auf der ARBUTUS-Internetseite herunterladen. Sind all die Bands auf dem Sampler ebenfalls Freunde von dir?

Ja, das sind sie. Alle Bands kommen aus dem Umfeld des LAB SYNTHÈSE. Du musst wissen, dass die Bands auch untereinander gut befreundet sind. Viele der Musiker spielen in der Band des anderen. Das liegt zum einen daran, dass wir alle Englisch sprechen und somit eine Minderheit in Montreal sind. Zum anderen leben wir alle im selben Viertel, weshalb wir uns oft sehen. Ich liebe diesen Vibe.

Das klingt in der Tat verlockend. Welche Rolle spielte das Lab Synthèse für die Szene?

Eine sehr große: Die meisten Bands haben im LAB SYNTHÈSE ihre ersten Live-Erfahrungen gesammelt. Andere wiederum waren so begeistert von der Atmosphäre, dass sie ihre eigene Band gründeten. So auch GRIMES. Bevor CLAIRE BOUCHER anfing im LAB SYNTHÈSE abzuhängen, hatte sie hauptsächlich gemalt. Eines Tages zeigte sie meiner damaligen Freundin einen Song, den sie aufgenommen hatte. Ich war so beeindruckt von ihrer Stimme, dass ich sie unbedingt auf ARBUTUS RECORDS rausbringen wollte. Sie willigte ein und so nahmen wir kurze Zeit später ihr Debütalbum Geidi Primes auf.

Wer hat die Nachfolge des LAB SYNTHÈSE angetreten?

Es gibt viele gute Konzerträume in der Stadt. Einer davon ist die Loft-Venue LA BRIQUE. Dort gibt es nicht nur eine Bühne, sondern auch Proberäume und ein Studio. Unser Büro ist dort ebenfalls unterge- bracht. Das Gebäude, in dem sich LA BRIQUE befindet, ist eine ehemalige Textilfabrik, die in den 60ern geschlossen wurde und in den 90ern von Künstler angemietet wurde. Das kennst du sicher auch aus Berlin!?

Richtig, die Stadt ist noch immer ein großer Abenteuerspielplatz. Hast du schon neue Pläne geschmiedet?

Nicht wirklich. Ich mache erstmal mit ARBUTUS RECORDS weiter, schließlich läuft es gerade sehr gut für uns!

Links: ARBUTUS RECORDS / MONTREAL COMPILATION VOL I / VOL II 

Foto: MARILIS CARDINAL

 

Gespräche

Der Bart ist das erste, das einem an CHRISTOPHER KLINE auffällt. Struppig ist er, blond und so üppig, dass man das Gesicht des schlaksigen Musikers aus New York dahinter nur noch erahnen kann. Nicht minder bemerkenswert sind CHRISTOPHERS Liveshows. Wenn er auf die Bühne klettert und sich in HUSH HUSH verwandelt, ist der sonst eher zurückhaltende Musiker nicht mehr zu bändigen. Angespornt von Discosounds aus seinem IPOD singt er in höchstem Falsett, verrenkt dabei seinen Körper in den undenkbarsten Winkeln, springt auf Boxen herum und robbt auf Knien durchs Publikum. 2006 kam CHRISTOPHER nach Berlin, spielte seitdem in mehreren Bands und betreibt gemeinsam mit seiner Freundin SOL die Galerie KINDERHOOK & CARACAS und den Verlag FEATHER THROAT. Im Chat mit CARTOUCHE sprach der umtriebige Künstler über sein Leben in Berlin, sein Projekt HUSH HUSH und die Notwendigkeit, seinem Publikum das gewisse Extra zu geben. 

CHRISTOPHER, herzlich willkommen im ETHERPAD!

CHRISTOPHER: Vielen dank, das Pad ist cool, ich benutze es heute zum ersten Mal!

ETHERPAD ist ein Online-Textprogramm, an dem mehrere Personen gleichzeitig arbeiten können. Aber ist es nicht komisch für dich zu chatten? Wir hätten uns auch treffen und uns bei einer Tasse Kaffee unterhalten können.

Ich kann mich mit beidem arrangieren. Meine Ideen sind in der Regel aber besser strukturiert, wenn ich sie aufschreibe. Außerdem scheint das Pad etwas „realer“ zu sein als ein richtiger Chat, weil du mir dabei zuschauen kannst, wie ich jeden einzelnen Buchstaben in das Pad eingebe.

Das stimmt. Auf FACEBOOK bekommt man immer nur die fertige Nachricht. Der Schreib- oder Denkprozess bleibt aber im Verborgenen. Bist du ein FACEBOOK-User?

Ich würde nicht so weit gehen, mich als FACEBOOK-User zu bezeichnen. Zwar habe ich seit zwei Jahren einen Account. Den benutze ich aber vor allem dafür, meine Shows und Ausstellungen anzukündigen oder Musik zu empfehlen. Mit meinen FACEBOOK-Freunden habe ich bis heute noch nie gechattet. Auch wenn ich versuche FACEBOOK zu meiden, verbringe ich dennoch viel Zeit im Internet – eine lästige Beschäftigung.

Warum?

Ich brauche es für meine Projekte. Das Internet ist der schnellste Weg, um Dinge zu organisieren und mit Leuten zu kommunizieren. Trotzdem weiß ich, dass das Internet nicht alles kann. Auch wenn die Welt immer virtueller wird, ist der Kontakt mit Menschen in der realen Welt immer noch der Aspekt, der darüber entscheidet, ob dein Projekt erfolgreich ist oder nicht. Leute zu treffen, Teil einer Community zu sein und auf Tour zu gehen ist gerade am Anfang extrem wichtig. Für kreative Menschen ist es daher unabdingbar in einer großen Stadt zu leben.

Ist das der Grund, warum du nach Berlin gekommen bist?

Nicht wirklich. Mich reizt an Berlin, dass man hier sehr gut an Ideen arbeiten kann. Das liegt vor allem daran, dass der Konkurrenzdruck in Berlin nicht sehr groß ist. Ironischerweise ist das aber nicht nur positiv. Im Gegenteil kann einem die Lockerheit Berlins schnell das Genick brechen. Auf einmal sind drei Jahre um und man hat nichts geschafft von dem, was man sich ursprünglich vorgenommen hatte.

Ich glaube, das Problem kennen viele. Wie ist es dir ergangen?

Ich habe nicht viel Zeit verplempert. Seit meinem Umzug nach Berlin 2006, habe ich vieles ausprobiert: Ich betreibe die Galerie KINDERHOOK & CARACAS sowie den Verlag FEATHER THROAT, habe in verschiedenen Bands gespielt und mehrere Bildbände publiziert.

Wann hast du mit HUSH HUSH angefangen?

HUSH HUSH begann als Fingerübung im Sommer 2009. Um mich von meinen ernsteren Musikprojekten abzulenken, nahm ich mehrere Loops mit meiner Loopstation auf, die ich mit meinem alten Drumcomputer, einem Casio-Keyboard und einigen Gitarren einspielte. Sechs Monate ließ ich diese Aufnahmen ruhen, bis mich eines Tages die Band YEASAYER in einer Mail fragte, ob ich nicht mit ihr auf Tour gehen wollte.

Und das wolltest du.

Richtig! Sie sind schließlich gute Freunde von mir, deren Arbeit ich sehr schätze. Ich dachte kurz darüber nach, mit welchem Projekt ich antreten wollte und entschied mich für die Loops, die ich ein halbes Jahr vorher aufgenommen hatte. Bis zur Tour blieben mir nur drei Wochen Zeit. Ich arbeitete Non-Stop, überlegte, was ein guter Popsong braucht und welchen Charakter ich auf der Bühne verkörpern wollte. Ich verlor damals fast den Verstand, schlief wenig, war dann aber sehr zufrieden mit dem Resultat.

Was braucht denn ein guter Popsong?

Ein wirklich außergewöhnlicher Popsong muss sich gut einprägen können. Das bedeutet, dass er eine traditionelle Liedstruktur haben muss, einen originellen Sound, eine gute Stimme und Worte, von denen sich die Leute angesprochen fühlen. Dann ist da noch dieser Funke, der schwer in Worte zu fassen ist, der aber einen guten von einem schlechten Popsong unterscheidet. Ich habe mir eine Menge Pop und Hip-Hop-Songs angehört, um das herauszufinden. „What’s Going On?“ von MARVIN GAYE habe ich mir mindestens zwanzig mal hintereinander über Kopfhörer angehört.

Wovon wurde dein Bühnencharakter beeinflusst?

Von den Queens und Kings des Showbusiness – MADONNA, IGGY POP, JAMES BROWN, TINA TURNER, ANDY KAUFMAN und KATE BUSH. Das sind Leute, die ihrem Publikum das gewisse Extra geben. Sie haben verstanden, dass es wichtig ist, sein Publikum zu respektieren. Deshalb lege ich mich auch so sehr ins Zeug, selbst wenn ich nur vor ein paar Leuten spiele.

Hattest du denn überhaupt eine Wahl? Schließlich stehst du ganz allein auf der Bühne und kannst dich nicht hinter einer Band verstecken.

Da hast du wohl Recht. In anderen Bands bin ich viel zurückhaltender. Da ich aber nur meinen IPOD als Unterstützung habe, muss ich mir überlegen, wie ich die Leute in den Bann ziehen kann. Das bedeutet, dass ich viel mehr tanzen muss, als ich es tun würde, wenn ich einen Drummer und eine Band hätte, die mir den Rücken stärken. Alle Verantwortung liegt bei mir, ich habe nichts zu verlieren und kann nur gewinnen.

Deine Liveshow ist State of the Art. Ich habe in Berlin in letzter Zeit viele Künstler gesehen, die sich ihrem Publikum allein gegenüberstellten, mit nichts anderem als ein paar Playback-Sounds oder einer Gitarre. Was ist der Grund dafür?

Ich finde es wesentlich entspannter solo aufzutreten. Wenn ich jetzt auf Tour gehe, muss ich nichts weiter mitnehmen als ein Sportsakko und meinen IPOD. Davor hatte ich immer mit so vielen Dingen zu kämpfen: dem vielen Equipment sowie den Terminkalendern, Ambitionen und Problemen meiner Bandmitglieder. Dennoch sind Solo-Projekte eine triste Angelegenheit. Es ist schwieriger sich zu motivieren, alles ist so unsozial und selbstzentriert, ganz zu schweigen von der Energie, die in Kollaborationen steckt. Ich habe auch eher das Gefühl, dass diese Soloprojekte ein Berlin-Ding sind. Die Leute ziehen sich in den Wintern immer so sehr zurück, kein Wunder also, dass sie auch allein Musik machen.

Weißt du schon, wie du dein erstes Album gestalten willst?

Daran arbeite ich gerade. Vielleicht mache ich ein Live-Album draus, um die Energie meiner Shows einzufangen. Ich könnte mir vorstellen, es wie TOM WAITS zu machen, der zu den Aufnahme-Sessions für Nighthawks at the Diner ein paar Leute in sein Studio einlud, um vor ihnen zu spielen. Vielleicht stelle ich aber auch ein Mixtape zusammen mit all meinen bisherigen Demo-Aufnahmen, unveröffentlichten Songs und neuen Singles darauf. Wo befindest du dich eigentlich im Augenblick? Ich bin in in meiner Galerie und lausche den Geräuschen, die SOL mit ihrem Tacker im Nachbarzimmer macht. Sie zieht gerade eine neue Leinwand auf.

Links: HUSH HUSH / KINDERHOOK & CARACAS / FEATHER THROAT

Foto: MATTHIAS HEIDERICH

Gespräche

Das australische Duo CIVIL CIVIC spielt atemberaubende Instrumentalmusik. Über verzerrte Bassläufe und Punkriffs legen die beiden Freunde AARON CUPPLES und BENJAMIN GREEN Melodien, die eingängiger nicht sein könnten. Ihre 2010 erschienene Single „Less Unless“ schlug in der Blogosphäre ein wie eine Bombe. Im vergangenen Jahr veröffentlichte die Band mit Rules ihr Debütalbum. Dieses hat eine ganz eigene Entstehungsgeschichte. Nicht nur, dass es zum Großteil via Email geschrieben wurde, waren es die Fans, die das Mastering und die Pressung mitfinanzierten. Im Gespräch mit CARTOUCHE zeichneten die beiden Freunde die Entstehung ihres Erstlingswerks in allen Einzelheiten nach und berichteten, auf welche Weise sie bei ihrer Arbeit vom Web 2.0 profitieren. 

BEN, AARON, wie habt ihr euer Debütalbum Rules geschrieben? Ihr lebt ja nicht einmal in derselben Stadt. BEN, du wohnst in Barcelona und AARON, du in London.

BEN: Die Distanz stellte kein großes Hindernis dar. Statt zu jammen schickten wir uns Song-Ideen in Form von Audio-Dateien hin und her. Das waren in der Regel fast fertige Songs, zu denen der andere seinen Part hinzufügte, vorausgesetzt das Demo gefiel ihm.

Rules wurde von euren Fans mitfinanziert. Wie kam es dazu?

AARON: Wir wollten unser Album auf Vinyl veröffentlichen, hatten aber nicht das notwendige Geld dafür. Deshalb fragten wir unsere Fans, ob sie nicht Interesse an einem Vinyl-Exemplar von Rules hätten und ob sie bereit wären, drei Monate im voraus dafür zu bezahlen. Den Spendenaufruf posteten wir bei FACEBOOK, das Geld sammelten wir über die Crowdfunding-Plattform INDIEGOGO.

BEN: Die Resonanz war umwerfend! 200 Leute spendeten Geld, was uns die Möglichkeit gab, das Album in einem professionellen Studio mastern zu lassen und die Pressung von 2000 Schallplatten und CDs zu finanzieren.

Und wir habt ihr die Kosten für das Tonstudio und das Artwork gedeckt?

AARON: Das brauchten wir nicht. Wir nahmen das Album in BENS Schlafzimmer auf. Das war im Sommer 2011 während des Festivals PRIMAVERA SOUND in Barcelona. Am Tag spielten wir die Bassparts ein, in der Nacht gingen wir feiern!

BEN: Das Plattencover haben wir ebenfalls selbst entworfen. Rules ist zu 100% made by CIVIL CIVIC.

Warum habt ihr euch dazu entschieden, die Produktion selbst zu stemmen? War es, weil ihr keine Labels mögt? Oder habt einfach keins gefunden?

BEN: Wir haben uns nicht nach einem Label umgeschaut, weil es nicht notwendig war. Schließlich sind wir beide in Tonstudios aufgewachsen und wissen daher, wie man Musik aufnimmt. Warum hätten wir da den Weg über ein Label gehen sollen? Das machte für uns keinen Sinn, zumal es uns nur unnötig Geld gekostet hätte.

AARON: Dennoch wäre es manchmal schön ein Label zu haben, das uns dabei hilft unser Album zu bewerben. Im Gegensatz zu etablierten Labels haben wir weder das Geld noch die notwendigen Kontakte, um eine große Werbe- kampagne anzustoßen. Das ist auch der Grund, warum wir soviel touren: Wir müssen unser Album promoten.

Das könnte auch eine PR-Agenur übernehmen. Sind Labels überhaupt noch notwendig?

AARON: Das denke ich schon, vor allem für Bands, die weder über das nötige Kapital noch über die Fähigkeiten verfügen, die man braucht, um ein Album in Eigenregie produzieren zu können.

Wäre es ohne die Möglichkeiten des Web 2.0 so einfach gewesen, 200 Leute für die Vorfinanzierung zusammen zu bekommen?

BEN: Das wäre bestimmt irgendwie gegangen, es wäre aber der reinste Albtraum gewesen! Früher war für eine derartige Aktion ein gewisser Bekanntheitsgrad oder eine umfangreiche Mailing-List notwendig.

An welcher Stelle habt ihr noch vom Web 2.0 profitiert?

BEN: Bei der Produktion unserer Musikvideos. Die Videos, die wir für CIVIL CIVIC gemacht haben, bestehen zum Großteil aus Material, das wir bei YOUTUBE gerippt und anschließend neu zusammengefügt haben. Der gelungenste Clip ist das Video zu „Run Overdrive“. AARON hat da wirklich ganze Arbeit geleistet.

Ihr nutzt also die stetig wachsenden Archive des Netzes. Wie sieht es mit Blogs aus?

AARON: Blogs haben uns sehr geholfen! Einen Großteil unserer Hörerschaft haben wie über die vielen großen und kleinen Musikblogs erreicht, die positive Kritiken über uns geschrieben haben.

BEN: Wir hatten großes Glück! Es gibt eine Menge Bands, die ihre Musik an hunderte Blogs schicken, ohne dass diese über sie schreiben. Unsere Single Less Unless hingegen wurde kurz nach ihrer Veröffentlichung von einigen Blogs aufgegriffen und weiterempfohlen. Am Ende schrieben hunderte von Blogs über unsere Musik.

AARON: Musikblogs haben über die letzten Jahre extrem an Bedeutung gewonnen. Viele Musikmagazine schreiben von ihnen ab, Labels nutzen sie für die Talentsuche. Alles wurde auf den Kopf gestellt.

Ihr scheint von den neuen Verhältnissen auf allen Ebenen zu profitieren.

AARON: Es sieht ganz so aus. Manche Leute sagen, die Welt sei in den letzten zehn Jahren sehr komplex geworden. Das mag stimmen. Auf der anderen Seite ist die Welt aber auch ein großes Stück zusammengewachsen. Viele Barrieren, die vorher unüberwindbar schienen, sind verschwunden. Man muss nicht mal mehr in derselben Stadt wohnen, um ein Album zu schreiben. Das ist eine tolle Sache!

FOTO: CIVIL CIVIC 

Links: Homepage / Blog

 

//Gespräche

Das Kottbusser Tor ist einer der Orte Berlins, die nie zu schlafen scheinen. Auch an diesem verregneten Donnerstagabend sind wieder viele Nachtschwärmer auf den Gehwegen rund um den Platz unterwegs, auf der Suche nach der nächsten Party. Durch die großen Fenster der Monarchbar kann man das Treiben am Kottbusser Tor genau beobachten. Hier wird in einer Stunde die US-amerikanische Band WIDOWSPEAK auf der Bühne stehen, die gerade ihre erste Tour durch Europa absolviert. Für ihr Debütalbum, auf dem sie den Geist alter Westernfilme zu leben erwecken, wurden Sängerin MOLLY HAMILTON, Gitarrist ROB THOMAS und Schlagzeuger MICHAEL STASIAK, in den USA und Europa viel gelobt. Kurz nachdem das Trio seinen Soundcheck beendet hat, macht es sich gemeinsam mit uns auf die Suche nach einem ruhigen Ort für unser Interview. Wie sich herausstellt, ist das gar nicht so einfach. Zehn Minuten später lassen wir uns in einem nahe gelegenen Treppenhaus nieder. Doch auch hier kommen wir nicht wirklich zur Ruhe, weil sich immer wieder Leute an uns vorbeischieben. Den drei FreundInnen macht das zum Glück wenig aus. Gut gelaunt und geduldig beantworten sie all unsere Fragen.

Seit zwei Wochen seid ihr nun schon in Europa unterwegs, wie lief die Tour bis jetzt?

MOLLY HAMILTON: Bisher lief alles gut. Ich wünschte, die Tour würde niemals enden.

ROB THOMAS: Wir können unser Glück gar nicht fassen. In den letzten Wochen haben wir an Orten gespielt, die keiner von uns je zuvor gesehen hat. Unsere Tour startete in London, danach folgten weitere Auftritte in England, bevor es nach Frankreich, Italien, in die Niederlande und die Schweiz ging. Wir haben so viele tolle Menschen kennengelernt und an aufregenden Orten gespielt.

Was für Orte waren das?

MOLLY: In Bologna traten wir in dem Keller eines Ladens auf, in dem man Rasierwasser kaufen konnte. Der Keller war klein, die Gäste brachten Essen und Getränke mit – eine sehr gemütliche Atmosphäre also.

ROB: Der Gig gehört auch zu meinen Favoriten. Vor Bologna waren wir in den Niederlanden, wo wir in riesigen Komplexen spielten, in denen Proberäume, Restaurants und Wohnungen untergebracht waren. Eine nette Abwechslung zu unseren „normalen“ Shows in Brooklyn.

Habt ihr ein Tour-Ritual? THURSTON MOORE, der Sänger von SONIC YOUTH, hat ja auf Tour am liebsten Plattenläden unsicher gemacht.

MICHAEL STASIAK: Hätte ich genug Geld, würde ich dasselbe tun. Ich sammle leidenschaftlich gerne Platten! In Brooklyn arbeite ich in einem Plattenladen.

ROB: MOLLY und ich interessieren uns sehr für Architektur. Wann immer es die Zeit erlaubt, drehen wir eine Runde durch die Stadt und besichtigen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten.

MOLLY: Wir frühstücken auch oft zusammen. Das machen wir sonst nie.

Was gibt es bei euch zum Frühstück?

ROB: Auf jeden fall heißer Kaffee  – wir lieben Kaffee!

Mit einem Schuss Whiskey? Hört man eure Musik, würde das passen. Aber im Ernst: Warum macht ihr Rockmusik?

ROB: Du nennst das, was wir machen „Rockmusik“? Wie lustig! In New York würden die Leute sagen, dass wir psychedelischen Folk oder Dream Pop spielen.

MOLLY: Wir sind zu leise, um eine echte Rockband zu sein, dafür fehlt uns die nötige Power. Wir haben weder Bass noch Crash-Becken!

Wie habt ihr zu Eurem Sound gefunden?

MICHAEL: Über Konzerte. Das beste, was du als junger Musiker machen kannst, ist deinen Freunden beim Spielen zu zuschauen und dir zu überlegen, wie du das Gehörte auszubauen und in deine eigene Musik einfließen lassen kannst.

ROB: Hören ist definitiv ein gutes Stichwort: Als wir das Album aufnahmen, habe ich versucht Elemente meiner Lieblingssongs in unsere Stücke einzubauen.

Welche Künstler haben eure Musik beeinflusst?

MICHAEL: Meine großen Vorbilder sind AL JACKSON von BOOKER T. & THE M.G.’S, BOBBY GILLESPIE von THE JESUS AND MARY CHAIN und MOE TUCKER von THE VELVET UNDERGROUND.

MOLLY: Wir hören generell viel alte Musik. Da ist alles dabei, von den 20ern bis zu den 90ern. Ich bin ein großer Fan der CARTER FAMILY, von HANK WILLIAMS, alten Bluesmusiker wie BLIND WILLIE JOHNSON oder MISSISSIPPI JOHN HURT, aber auch von Bands wie R.E.M. und THE CRANBERRIES.

Wo habt ihr diese alten Nummern her, aus dem Plattenschrank eurer Eltern?

MOLLY: Schön wär’s! Meine Eltern liebten Grunge, entsprechend musste ich mir alles, was älter war, selbst besorgen. JONI MITCHELL habe ich zum Beispiel rein zufällig in einem Plattenladen entdeckt. Ich war zwölf Jahre alt, wusste nicht was ich kaufen sollte und entschied mich schließlich für ein Album, das nur 99 Cents kostete.

ROB: Bei mir war es ganz ähnlich. Da meine Eltern keine Musikfans sind, musste ich mir sogar Klassiker wie die ROLLING STONES woanders besorgen. Um alte Musik zu erschließen, habe ich eine einfache Strategie: Ich finde heraus, welche Bands meine Lieblingsband mochte und höre sie mir an. Dasselbe mache ich dann mit diesen Bands. Eine Zeitreise durch die Musikgeschichte sozusagen!

MICHAEL: Ich habe immer versucht, das genaue Gegenteil von dem zu hören, was mein Vater in seinem Plattenschrank stehen hatte.

MOLLY: Was steht denn da?

MICHAEL: Rumours

MOLLY: … wirklich? Ich liebe FLEETWOOD MAC! Es ist schade, dass meine Eltern das nicht gehört haben – so viel Musik, die ich erst viel zu später entdeckt habe.

Inwiefern hat das Internet die Suche nach älterer Musik erleichtert? Archive wie Wikipedia bieten ja eine gute Möglichkeit, sich schnell und bequem durch die gesamte Musikgeschichte zu klicken.

MOLLY: Das stimmt! Ganz besonders alte Musik, die du sonst nur in alten Bibliotheken findest, kannst du dank des Internets so einfach bekommen. Egal, ob du nun nach Musik aus den 30ern suchst oder nach einer limitierten Auflage einer Punkband aus den 70ern.

MICHAEL: Das ist aber nicht nur mit alter Musik so. Auch zeitgenössische Musik ist viel einfacher zugänglich. Schau dir nur unsere Band an. Uns gibt es gerade erst ein Jahr, trotzdem haben wir Fans in vielen verschiedenen Ländern. Ohne Internet wäre das nicht möglich gewesen.

Das stimmt. Aber war es nur das Internet, das für euren rasanten Karrierestart gesorgt hat?

MOLLY: Das Internet war sicherlich ein wichtiger, jedoch nicht der einzige Faktor. Unser Label hat uns auch sehr geholfen. Wie die uns so schnell gefunden haben, ist mir noch immer ein Rätsel. Vielleicht haben sie unsere Demoaufnahmen auf irgendeinem Musikblog entdeckt. Jedenfalls schickten sie uns kurz nach unserem ersten Konzert eine Mail, in der sie fragten, ob wir noch andere Aufnahmen hätten?

Und wie habt ihr euren Weg in die Musikszene Brooklyns gefunden?

MOLLY: Das geht ziemlich schnell in Brooklyn. Du musst einfach nur ein paar Shows spielen oder auf Konzerte gehen. Eine unserer ersten Shows war im Shea Stadium, wo wir für DUTCH TREAT und TOTAL SLACKER den Abend eröffneten, die zwei sehr bekannte Bands aus Brooklyn sind.

MICHAEL: Mit jeder unserer Lieblingsbands aus Brooklyn haben wir bis jetzt schon zusammengespielt. Im Herbst erst waren wir mit den VIVIAN GIRLS auf  Tour, von denen ich ein großer Fan bin!

Gibt es jemanden aus der Szene, mit dem ihr gerne mal zuammenarbeiten würdet?

MICHAEL: Alle Leute, mit denen wir gerne Musik machen würden, sind tot. Ich würde mein Leben dafür geben, einmal mit BUDDY HOLLY spielen zu können. BUDDY war wie wir ein großer Freund des Minimalismus. In vielen seiner Songs hielt ein Koffer als Schlagzeug her.

ROB: Es wäre toll mit jemandem zusammen zu arbeiten, der sich außerhalb unseres Kosmos befindet, einem Folk- oder Bluesmusiker.

MOLLY: Ja, irgendein Künstler auf MISSISSIPPI-RECORDS. Sonst fällt mir auch keiner ein… Ich bin mir aber sicher, dass uns im Laufe unserer Karriere noch der ein oder andere über den Weg läuft, mit dem man gern zusammen Musik machen möchte.

Eure Musik würde super in Westernfilme passen. Aber auch im Soundtrack zu Pulp Fiction wäre sie gut aufgehoben. Mögt ihr den Film?

MOLLY: Wir lieben Pulp Fiction!

MICHAEL: Wir haben uns den Soundtrack gerade erst gekauft. Auf der Tour mit den VIVIAN GIRLS lief er die ganze Zeit im Van.

MOLLY: Es war verrückt, den Soundtrack nach der Aufnahme unseres Albums zu hören. Er ist eine Quintessenz dessen, was wir mögen und machen.

ROB: Ich mag die Idee des Soundtracks, also dass die Musik die Bilder ergänzt. Ähnliches versuchen wir bei Widowspeak: Artwork, Musik und Auftreten sollen eine Einheit bilden.

A propos: Wer hat die Cover eurer EPs und eures Albums gestaltet? Ich finde, dass sie sehr gut zur Musik passen.

MOLLY: Vielen Dank! Die Bilder stammen von JOHN STORTZ, einem Freund von ROB. Sie haben sich in New York kennengelernt.

ROB: Ich mochte seine Arbeit und dachte mir, dass sein Stil perfekt zu unserer Musik passt. Also habe ich ihn überredet, für uns zu arbeiten.

MOLLY: Wir hatten JOHN, wussten aber nicht, was er zeichnen sollte. Da stieß ich in einem Buchladen unverhofft auf eine alte Paperback-Ausgabe von HERMANN HESSES Steppenwolf und verliebte mich sofort in das Artwork, das mit Wasserfarben gestaltet war. Nach so etwas hatten wir die ganze Zeit gesucht.

ROB: Wir sendeten ihm das HESSE-Buch und sagten ihm, dass wir die Atmosphäre des Bildes mochten.

Was für eine Atmosphäre war das?

MOLLYEine gespensterhafte und nostalgische Atmosphäre – genau wie in unserer Musik.

ROB: Unsere Musik ist neu und vertraut zugleich, ohne dabei alt zu wirken. Sie ist wie etwas, das dir bekannt vorkommt, das du aber nicht sofort wiedererkennst.

Links: bandcamp / captured tracks

(Foto: DALE W. EISINGER)



//Gespräche

Geht es um Lo-Fi-Musik, fällt früher oder später der Name OWEN ASHWORTH. Auf allen Alben, die der 34-jährige Musiker aus Chicago unter dem Namen CASIOTONE FOR THE PAINFULLY veröffentlicht hat, zelebrierte er die Ästhetik simpelster Aufnahmetechniken. Mit CARTOUCHE sprach ASHWORTH über die Vorzüge von Lo-Fi-Musik, seine musikalischen Vorbilder und sein neues Projekt ADVANCE BASE.

OWEN, immer mehr Künstler meiden professionelle Tonstudios. Sie ziehen es vor, ihre Musik in den eigenen vier Wänden mit einem Kassettenrekorder aufzunehmen. Low Fidelity scheint der neue Pop zu sein. Wie würdest du diese Entwicklung einschätzen?

OWEN ASHWORTH: Lo-Fi soll derart populär sein? Das glaube ich kaum. Hi-Fi ist immer noch State of the Art. Ich würde auch sagen, dass Lo-Fi-Musik das genaue Gegenteil von Pop ist!

Anders gefragt: Seit Beginn des digitalen Zeitalters scheint die Zahl selbst produzierter Alben gestiegen zu sein. Könnte dies Ausdruck einer Ablehnung der Musikindustrie sein?

Das ist schwer einzuschätzen. Subkulturen bedienen sich oft einer revolutionären Rhetorik. In den meisten Fällen geht es aber doch nur darum, cooler zu sein als der Rest. Sieh mich an: Mir geht es in erster Linie darum, mit meiner Arbeit Geld zu verdienen. Dennoch finde ich es gut, wenn Leute es schaffen, etwas selbst auf die Beine zu stellen. Ich hoffe, dass sich immer mehr Künstler dazu inspiriert fühlen, ihre Musik selbst aufzunehmen, zu veröffentlichen und zu verbreiten. Produzenten, Labels und Journalisten sind nicht ansatzweise so wichtig, wie sie es immer von sich behaupten.

Was magst du an Lo-Fi-Musik?

Ich liebe den Sound einfacher Aufnahmetechniken. Ganz besonders mag ich es Fehler zu hören oder Gegenstände, die sich zum Zeitpunkt der Aufnahme gerade zufällig in der Nähe des Mikrofons befanden. Quietschende Stühle zum Beispiel. An zeitgenössischer Hi-Fi-Musik stört mich ihr Klang. Es gibt da sicherlich Ausnahmen, aber ein Großteil der im Studio produzierten Popmusik klingt schlicht zu synthetisch.

All deine Alben teilen eine ähnliche Ästhetik. Warum hast du dich entschieden, Lo-Fi aufzunehmen?

Ich hatte ganz einfach nicht genug Geld, um ein Studio zu mieten und einen Ton-Ingenieur zu bezahlen. Deshalb musste ich versuchen aus dem Equipment, das mir zur Verfügung stand, das beste rauszuholen. Ich hätte natürlich Geld sparen können und jemanden anheuern können, der meine Musik so klingen lässt wie im Radio. Das Resultat hätte ich aber niemals hören wollen. Also habe ich das Geld lieber gespart und mein eigenes Ding gemacht. Das entsprach mehr meiner Natur. Ich bin ein Sturkopf und mochte es immer schon, alles selbst zu machen.

Bist du ein Fan DANIEL JOHNSTONS?

Das bin ich in der Tat. Die Songs, in denen er Klavier spielt, mag ich besonders. Bis mir Bekannte erzählten, dass sie meine Musik an DANIEL JOHNSTON erinnert, kannte ich ihn allerdings nicht. CASS, ein alter Schulfreund, besaß eine Kopie seines Albums Hi, How Are You? auf Kassette. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie er mir das Album in seinem Pick-Up vorspielte. Was ich da hörte, hat mich umgehauen. Zu dem Zeitpunkt nahm ich gerade das zweite Album meines Projekts CASIOTONE FOR THE PAINFULLY ALONE (CFTPA) auf.

Hat dich seine Musik inspiriert?

Die Bedeutung DANIEL JOHNSTONS für meine Arbeit ist sicherlich nicht zu unterschätzen. Die Person, die mich aber noch mehr inspiriert hat, ist LOU BARLOW, der Bassist von DINOSAUR JR. Ich hatte gerade erst angefangen Musik zu machen, als ich mir das DINOSAUR-JR.-Album You’re Living All Over kaufte. Die Tape-Kollage mit der das Album endet, ließ mich nicht mehr los. Das waren brandneue Sounds. Ich war begeistert davon, wie BARLOW klaustrophobisches Songwriting mit Noise kombinierte. Ich fertigte meine eigenen Kollagen an, die zwar fürchterlich klangen, sich im Laufe der Zeit aber zu ersten Songwriting-Versuchen entwickelten. Es sollte noch eine Weile dauern, bis ich herausfand, was ich wirklich wollte. Eins ist jedoch klar: CFTPA hätte es ohne LOU BARLOW nicht gegeben.

Dein neues Projekt ADVANCE BASE hat ebenfalls einen großartigen Lo-Fi-Sound. Wie hast du die neuen Songs aufgenommen?

Das ist nett, vielen dank! Bis jetzt habe ich das gesamte ADVANCE BASE Material allein eingespielt. Dabei nutzte ich eine Kombination aus 4-Spur-Kassettenrekorder und Computer.

Hast du bei ADVANCE BASE eine andere Herangehensweise als bei CFTPA?

In gewisser Weise führe ich bei ADVANCE BASE meine bisherige Arbeit fort. Ich probiere aber auch neue Sachen aus: Die Themen meiner Texte haben sich geändert und der Sound ist behutsamer und weniger aggressiv als bei CFTPA. Darüber hinaus geht es nicht mehr primär darum, Musik für Konzerte zu schreiben.

Worum geht es dann?

Um das Aufnehmen von Musik. Das ist der Aspekt, der mir an meiner Arbeit am meisten gefällt. Während meiner Zeit mit CFTPA wurde ich irgendwann richtig besessen von der Effizienz meiner Arrangements und meiner Shows. Ich bin viel getourt, zumeist ganz allein, weshalb alles darauf ausgelegt war, kompakt und tragbar zu sein. Das hatte mit Musik nicht mehr viel zu tun. Anstatt mir also den Kopf darüber zu zerbrechen, wie ich meine Musik live aufführen kann und alles in einem Koffer verstauen soll, bin ich im Moment daran interessiert, Musik aufzunehmen, die ich wirklich mag.

War das auch der Grund, weshalb du mit CFTPA aufgehört hast?

Nicht direkt. Ich wollte ganz einfach noch einmal ganz von vorne anfangen. Ich hatte CFTPA gegründet, als ich 20 Jahre alt war und jetzt, mit 34, kann ich mit den Problemen von damals nicht mehr viel anfangen. Was romantische Beziehungen und Einsamkeit betrifft, bin ich längst nicht mehr so nachdenklich wie früher. Ich bin wirklich stolz darauf, so viele Leute mit meiner Musik erreicht zu haben, aber ich habe momentan nicht mehr dieselbe emotionale Bindung zu den alten Songs. Ich hoffe, dass ich eines Tages das CFTPA-Material dafür wertschätzen kann, was es ist. Doch jetzt will ich erst einmal neue Lieder singen.

Ist ADVANCE BASE eine Ein-Mann-Show oder spielst du mit anderen Leuten zusammen?

Es gibt verschiedene Versionen von ADVANCE BASE. Hier in Chicago ist ADVANCE BASE eine vierköpfige Band, die aus JODY WEINMANN, NICK AMMERMAN und ED CROUSE besteht. Das sind alles Freunde von mir, die gleichzeitig großartige Musiker sind. Ich liebe es mit ihnen Musik zu machen, aber sie haben entweder Jobs, Familien oder andere Verpflichtungen, die sie davon abhalten durchgehend verfügbar zu sein. Das war auch der Grund, weshalb mich mein Bruder GORDON auf Tour begleitet. Ich hoffe, dass wir in Zukunft öfter gemeinsam unterwegs sein können. Da GORDON aber auf der anderen Seite der Staaten lebt, ist es schwer, eine gewisse Regelmäßigkeit in unsere Zusammenarbeit zu bringen. Deshalb bin ich dankbar für jeden Moment, den ich mit GORDON verbringen kann.

Wann und wo wird das erste Album von ADVANCE BASE erscheinen?

Das weiß ich noch nicht. Um ehrlich zu sein, finde ich es gerade sehr angenehm, keine Deadlines zu haben. Da ich bis jetzt noch keine Angebote gekriegt habe, werde ich das Album voraussichtlich auf eigene Faust veröffentlichen. GORDON und ich haben vor kurzem das Label ORINDAL gegründet, auf dem wir bereits einige EPs von ADVANCE BASE und GORDONS Projekt CONCERN herausgebracht haben. Für den Moment ist das mein Label.

(Foto: TOM COPS)

Links:  advance base / concern / orindal / daniel johnston / lou barlow

//Gespräche

Braucht es noch Labels? „Nein“, antwortet Michael Maramag alias Blackbird Blackbird. Im Gespräch mit cartouche erteilt der US-amerikanische Chillwave-Musiker und Label-Chef nicht nur autoritären Labelstrukturen eine Absage, sondern proklamiert zugleich einen tiefgreifenden Wandel in der Musikindustrie und die Renaissance des DIY. Während User, Fans und Musiker das Business nach ihren Vorstellungen gestalteten, könnten Bands sich dank der technischen Möglichkeiten der digitalen Revolution problemlos selbst managen. Alles nur schnöder Verbalradikalismus? Was ist dran an Michael Maramag? 


Michael, inwiefern hat die Digitale Revolution die Musikindustrie verändert?

Michael: Dank des Internets ist die Musikindustrie um einiges demokratischer geworden. Nicht mehr eine kleine Gruppe von Trendsettern bestimmt, was möglich ist und was nicht, sondern Nutzer, Fans und Künstler. Durch ihre aktive Partizipation definieren sie die Musiklandschaft nach ihren Wünschen.

Inwiefern?

Künstler holen sich die Kontrolle über ihre Musik zurück. Niemand will mehr autoritär durchorganisierte Plattenlabels. Sie werden mehr und mehr durch demokratische Künstlerkollektive ersetzt. Das Label UFOLK Records zum Beispiel, das ich mit meinem Freund Austin Wood betreibe, hilft Künstlern dabei sich einen Namen zu machen und überlässt ihnen das Recht mit ihren Aufnahmen zu machen, was sie wollen. Unser Label wird durch die Künstler betrieben und nicht durch irgendwelche geldhunrigen CEOs.

Du hast deine ersten Songs also nicht auf einem Label veröffentlicht?

Nein. Ich brachte meine ersten Songs auf Bandcamp und Myspace raus, kam so ins Gespräch und war wenig später auf Pitchfork. Danach ging alles seinen Weg. Ich habe auch ein paar gute Kontakte zu Blogs, die über meine Musik schreiben.

Du magst also Musikblogs? Auch solche, die nur Rapidshare-Links posten?

Musikblogs sind eine gute Sache, auch wenn die vielen Torrents die Google-Suchergebnisse für mein Album ruinieren. Anstatt auf meine Seite zu kommen, wird man nur auf Download-Foren weitergeleitet. Das nervt! Trotzdem habe ich kein Problem damit, das die Leute meine Musik kostenlos und schnell bekommen können. Ganz im Gegenteil: Ich finde es sogar sehr nützlich.

Wieso?

Es ist schlicht und einfach eine gute Möglichkeit, die eigene Musik zu verbreiten. Du kannst viele neue Hörer gewinnen, wenn du deine Musik verschenkst. Der Wert bemisst sich also nicht an dem verdienten Geld, sondern an den gewonnen Fans.

Wenn es dir nicht ums Geld geht, stellt sich die Frage, wovon du eigentlich lebst?

Ich lebe von meiner Musik, schließlich ist es immernoch möglich Geld damit zu verdienen!

Was ist dafür notwendig?

Du musst dich in verschiedenen Bereichen des Business auskennen. Das Internet kann hierfür ein großartiger Lehrer sein: Bandcamp kann dabei helfen, Statistiken zu verstehen, Tunecore eignet sich hervorragend für den Eigenvertrieb und Soundcloud bietet die Möglichkeit, sich mit anderen Musikern zu vernetzen und Musik mit anderen Leuten zu teilen. Früher übernahmen Manager diese Jobs, heute kann man das selber machen. Großartig, oder?

Das Internet hat also eine entscheidende Rolle gespielt…

Richtig! Der Erfolg vieler Künstler resultierte aus ihrem Verständnis für die Funktionsweisen des Internets. Ein Bewusstsein für die Bedeutung der eigenen Fanbase, ist ein weiterer wichtiger Faktor in der revolutionierten und digitalisierten Musikindustrie unserer Tage.

Links: Blackbird Blackbird

//Gespräche

Im letzten Teil unserer //Gespräche-Reihe unterhielten wir uns mit Chillwave-Ikone Chaz Bundick (Toro y Moi) über die neuen Vermarktungs-Strategien, die sich dank der digitalen Revolution im Musikgeschäft bieten. Sein Geheimrezept lautet: Verschenke deine Musik! Auch der Mike Diaz a.k.a. Millionyoung verbreitete seine Musik kostenlos im Netz. Für den Chillwaver aus Florida steht fest, dass für zeitgenössische Musiker zwei weitere Dinge wichtig sind: Eine treue Fanbase und das Wohlwollen der Blogosphäre.


Mike, du hast deine erste EP Be So True kostenlos im Netz angeboten. Damit bist du nicht der Einzige: Immer mehr Künstler verschenken ihre Musik. Wie erklärst du dir diesen Trend?

Mike: Es macht einfach Sinn! Dank des technischen Fortschritts haben sich die Produktionskosten für Musik so sehr verringert, dass du fast kein Geld mehr aufwenden musst, um eine Platte zu produzieren. Mein Debütalbum und meine EPs habe ich in meinem Schlafzimmer am Laptop aufgenommen. Da ich also so gut wie keine Ausgaben bei der Produktion hatte, war es kein Problem, die Musik zu verschenken.

Plattenverkäufe sind ja sowieso nur noch für größere Bands eine wirkliche Existenzgrundlage…

Das stimmt. Bands wie Radiohead können auf ihre treuen Anhänger zählen, die sie finanziell unterstützen. Leute zu finden, die deine Platten kaufen, ist im Zeitalter illegaler Downloads äußerst schwierig geworden. Trotzdem gibt es sie. Ich persönlich kann mich auf meine Fans verlassen: Sie kaufen meine Platten und kommen zu meinen Konzerten. Ihre Unterstützung reicht aus, damit ich weiter machen kann.

Wie hältst du den Kontakt zu deinen Fans?

Entweder hänge ich mit ihnen auf meinen Konzerten ab oder auf Facebook. Es ist mir sehr wichtig, eine starke Verbindung zu den Leuten zu haben, die meine Musik mögen. Hier war das Internet mit seinen unzähligen Blogs und Plattformen sehr hilfreich. Trotzdem habe ich mich nie danach gefühlt, zu twittern, was es bei mir zum Frühstück gab.

Das Internet hat also die Kommunikation vereinfacht. Wie sieht es mit der Verbreitung von Musik aus?

Die ist auch viel einfacher geworden. Nehmen wir die zum Beispiel die Mundpropaganda, die durch das Netz wesentlich globaler geworden ist. Viele Bands müssen heute nur noch ihre Musik an Blogs weiterreichen und dabei zuschauen, wie ihre Hörerschaft von ganz alleine wächst. Die virale Verbreitung von Musik ist ein absolutes Novum.

Du magst also Musikblogs?

Nicht unbedingt. Sagen wir es so: Ich trete ihnen mit gemischten Gefühlen entgegen. Auf der einen Seite finde ich es toll, dass Musiknerds ihre Leidenschaft mit anderen Personen auf ihren Blogs teilen. Wenn die Leser dieser Blogs die dort heruntergeladene Musik auch kaufen würden, wäre das echt super. Leider sieht die Realität meistens anders aus.

Diesem Manko zum Trotz: Würdest du sagen, dass du ohne das Internets mit seinen Vorzügen einen ähnlichen Erfolg gehabt hättest?

Ich denke schon. Aber es hätte sicher länger gedauert.

Links: millionyoung

(Foto: Andy J. Scott)